20 Sep
1.Damen
Furioser Auftritt in Gedenken an ,Paddy‘
Ruwertalhalle
Im ersten Pflichtspiel nach dem plötzlichen Tod von Trainer Patrik Wagner wird’s beim Frauenhandball-Rheinlandligisten HSG Mertesdorf/Ruwertal emotional – und fast schon historisch. Wie Neu-Coach Damian Malmedy, der selbst einen familiären Schicksalsschlag zu meistern hatte, und das Team eine Einheit bilden.
MERTESDORF | So was hatte Damian Malmedy noch nie erlebt. Nicht als Spieler, nicht als Trainer, nicht als interessierter Handball-Beobachter. Noch nie hatte er ein Spiel verfolgt, in dem einer Mannschaft in einer Halbzeit kein Torerfolg gelang. Bis zum vergangenen Samstag, als die von ihm gecoachte Frauen-Rheinlandliga-Mannschaft der HSG Mertesdorf/Ruwertal das Kunststück fertigbrachte, in der zweiten Halbzeit kein Tor des Gegners HSG Obere Nahe zuzulassen.
Zur Halbzeit stand es 14:7, am Ende 33:7 für die Ruwertalerinnen. Die Abwehrarbeit mit der routinierten Jenny Scheibe als Fixpunkt: bärenstark. Hinzu kam mit der erfahrenen Alex Krämer im Tor ein Fels in der Brandung. „Was die Mannschaft geleistet hat, war sensationell“, konstatierte Malmedy, für den es genauso wie für sein Team ein psychisch fordernder Abend in der Ruwertalhalle war.
Es war das erste Pflichtspiel nach dem plötzlichen Tod von Trainer Patrik Wagner im Mai dieses Jahres. „Ich musste einige Stunden im Garten arbeiten, um mich vor der Partie abzulenken“, berichtete Malmedy, der ursprünglich mit Wagner gemeinsam in dieser Saison hätte das Traineramt bei der HSG ausüben sollen. Vor dem Anwurf richtete Co-Trainer Marco Zinni bewegende Worte an die Spielerinnen und das Publikum. Zu diesem Zeitpunkt lag im Mittelkreis bereits eine grüne Trainingsjacke der HSG mit Wagners Initialen ,PW‘, um das herum sich anschließend beide Mannschaften zu einer Schweigeminute gruppierten.
In der Anfangsphase war der HSG Mertesdorf anzumerken, dass sie emotional angefasst war. Doch sie fuchste sich in die Partie und spielte ihre Geschlossenheit aus. Der Teamspirit als Trumpf soll die Mannschaft durch die gesamte Saison tragen. „Paddys Tod hat uns als Gruppe ganz extrem zusammengeschweißt. Wir haben eine Trainingsbeteiligung von bis zu 85 Prozent. Das habe ich so noch bei keinem Verein erlebt. ,Paddy‘ ist bei uns weiterhin enorm präsent. Wir reden viel über ihn. Wir spielen für ihn“, sagt Malmedy, der sich mit Sabrina Leinen ein weiteres Mitglied in den Trainerstab hinzugenommen hat.
Für den 38-jährigen Coach war es selbst nicht einfach, die Mannschaft in der Vorbereitung richtig anzupacken. Doch ihm half, so schrecklich es klingt, ein eigener familiärer Schicksalsschlag, um seine Rolle zu finden: „Vor zweieinhalb Jahren haben meine Frau und ich unseren Sohn verloren, der tot auf die Welt kam. Wir hatten die Diagnose am Geburtstag meiner Frau bekommen. Danach wurde das Leben sehr lange sehr schwarz. Aber wir haben Wege aus dem Tal heraus gefunden, die ich nun auch den Spielerinnen aufzeigen konnte“, sagt Malmedy, der mit seiner Frau und seinen drei Töchtern (17 Monate, sieben und neun Jahre alt) in Osburg lebt.
Geholfen hat auch die Musik. Malmedy spielt Akustik-Gitarre. Nach dem Tod seines Sohnes schrieb er den Song Mensch, in dem er den Verlust verarbeitet. Aktuell besteht weiter das Musik-Projekt ,Silence behind‘, in dem er mit seiner besten Freundin Tina Songs aus den Bereichen Metal/Rock/Alternative auf melancholische Art covert.
Malmedy, der in Trier geboren wurde und dessen Vater Spanier ist, spielte in der Jugend in Schweich. In dieser Zeit schaffte er es bis zur Rheinland-Pfalz-Auswahl. Im Herrenbereich folgten Stationen bei der DJK/MJC Trier (dort war er in der Oberliga aktiv), beim TuS Daun, bei der HSG Wittlich sowie der HSG Mertesdorf, bei der er unter Wagner Spieler war.
Mit dem Frauen-Team der HSG wird er in dieser Saison an der Spitze ein Wörtchen mitreden können. „Wir haben einen Kader, der in der Breite sehr gut aufgestellt ist. Die Spielerinnen sind körperlich und konditionell stark“, sagt Malmedy. Auch das gemeinsame, fortwährende Gedenken an Patrik Wagner wird seinen Teil zur Tatkraft des Teams beitragen.
Bericht: Mirko Blahak
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